Der 24. Februar 2022 hat das Leben von Millionen Menschen verändert... Aber jetzt möchte ich erzählen, wie es mir und meiner Familie gegangen ist.
Am Morgen des 24. Februar 2022
Ich bin früher aufgestanden, um in die Schule zu gehen und um nicht zu spät zu kommen, denn heute ist ein wichtiger Tag – wir nehmen am Wettbewerb für den Erhalt der Umwelt teil. Wie immer am Morgen lese ich die Nachrichten und die erste Schlagzeile, die ich an diesem Tag sehe, ist: „Eine groß angelegte Invasion hat begonnen. Charkiw wird beschossen!” Nach dem Lesen gerate ich in Panik.
Ich renne aus meinem Zimmer. In der Küche herrscht wie immer Aufregung – alle machen sich an die Arbeit. Aufgeregt erzähle ich meinen Eltern, was ich gelesen habe. Niemand versteht es so richtig, wir sind aufgeregt und durcheinander.
Von der Klassenlehrerin kommt eine Nachricht auf mein Telefon: „Wir bleiben heute zu Hause. Wir warten auf weitere Nachrichten. Wir bleiben ruhig.“ Nach diesen Worten verstehe ich, dass es kein böser Traum ist, obwohl ich es nicht glauben will. Der ältere Bruder fährt sofort zur Tankstelle, um später die Möglichkeit zu haben, die Stadt zu verlassen. Meine Mutter und ich gehen in den Supermarkt, um Lebensmittel einzukaufen, niemand weiß, ob das später noch möglich ist. Am Abend versammeln sich alle in einem Raum in der Nähe des Fernsehers, warm gekleidet und mit Schuhen neben dem Bett. Kurz vor Mitternacht will ich versuchen zu schlafen, aber ich habe große Angst, dass der Morgen vielleicht nicht kommen wird. Deshalb schlafen wir abwechselnd.
Die Nacht vom 28. Februar 2022
Wie schon seit Beginn der Großinvasion schlafen wir warm gekleidet im selben Raum, aber diese Nacht sollte nicht erholsam werden.
Alle sind fast eingeschlafen, als wir ein scharfes Donnern und Pfeifen hören– es ist ein Kampfjet. Ich muss in den Keller rennen. Meine Katze hat Angst und versteckt sich unter dem Tisch. Ich will sie aber auf keinen Fall zurück lassen. Ich renne zum Tisch und nehme sie fest in meine Arme. Wir bemerken, dass der Kampfjet dreht und zurückkommt. In der einen Hand meine Katze, in der anderen Schuhe und in meinem Kopf der Gedanke, dass ich nicht sterben möchte. Sobald wir in den Bunker hinabsteigen, erklingen Explosionen. Wir sitzen verängstigt da, meine Mutter und ich zitteren vor Angst und Kälte. Es ist die erste Nacht, die wir im Keller verbringen..
2. März 2022
Uns geht das Benzin aus.
3. März 2022
Nachts trifft ein Kampfflugzeug die Innenstadt. Viele Verwundete und Tote. Es ist sehr schwierig, sich von diesen Ereignissen zu erholen.
Der Keller ist mittlerweile etwas möbliert. Papa hat einen kleinen Fernseher mitgebracht. Ich setze mich auf das Regal, wo früher Gemüsekonserven und Marmelade standen. Ich versuche tagsüber zu schlafen, weil ich es nachts nicht kann. Doch dann wieder dieses schreckliche Summen und Pfeifen. Mein Bruder rennt zu uns und schafft es, die Tür zu ergreifen. Es gibt eine Explosion. Der Einschlag ist sehr nahe. Unser Fenster fällt herunter, die Tür zum Keller verdreht sich. Der Strom und das Licht fallen aus.
April 2022
In der Nähe des Tierheims wurde eine kleine improvisierte Küche eingerichtet, in der über einem Feuer gekocht wird. Wir gehen auf einen Hügel um nach Telefonempfang zu suchen, damit wir Verwandte und Freunde, die rechtzeitig fliehe konnten, anrufen können. Wenigstens ein Wort zu hören, dass es ihnen gut geht. Als unsere Stadt umzingelt war, gab es keinen Tag ohne Beschuss des Stadtzentrums. Es war schwer sich zu informieren, da es keine Verbindung und auch keinen Zugang zu Nachrichten gab. Es war zu spät und beängstigend zu fliehen. Als die ganze Stadt besetzt war, begann ich nach meinen Freunden zu suchen. Gott sei Dank waren sie alle unversehrt. Diese Nachricht hat mich sehr gefreut. Im Sommer trafen wir uns regelmäßig. Wir haben viel gespielt. Es lenkte mich von den Sorgen ab.
Bevor Izyum freigelassen wurde, verhängten die Besatzer eine 24-stündige Ausgangssperre, wir durften unseren Hof nicht verlassen. Wenn zu diesem Zeitpunkt jemand auf der Straße gesehen wurde, wurden ihm seine Dokumente abgenommen und er wurde irgendwohin gebracht. Die Besatzer flohen sehr hastig und am 11. September drangen die Streitkräfte der Ukraine in unsere Stadt ein. Ich kann die Emotionen, die ich damals empfand, nicht wiedergeben. Ich war glücklich. Wir begannen sofort, unseren Jungs zu helfen, wo wir konnten. Wir backten Kuchen und lieferten heißen Kaffee. Es war einer der besten Tage meines Lebens.
Nach dem, was passiert ist, ist es sehr schwer, das alles aus dem Gedächtnis zu löschen, aber man muss irgendwie weiterleben, man muss die Stadt wieder aufbauen, unseren Soldaten helfen und an den Sieg glauben!